SECHS BIERE – VIER GLÄSER – VIER GÄNGE

The Frankfurt Barblog auf Bier-Mission. Das Wort Craft Beer ist zurzeit in aller Munde und viele schwärmen vom handgemachten Bier (denn nicht anderes steckt hinter dem Englischen Begriff).

Nachdem in den USA die Industriebiere nicht hielten was sie versprachen, fingen einige Personen an Bier selbst zu brauen – mit Erfolg. Aus den sogenannten Home Breweries wurden schnell Micro Breweries die ihr handcrafted Beer in der Gegend verkauften. In den USA gibt es heute etwa 3500 registrierte Mikrobrauereien, die jeweils in etwa fünf verschiedene Biere herstellen und somit etwa 11% der gesamten Bierherstellung abdecken – in der EU hingegen gibt es zwar viele Industriebierbrauereien, das Craftbeer aber macht z.B. in Italien etwa 4% der Bierherstellung, in Deutschland unter 1% aus.

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Dennoch ist Craft Beer heute längst keine amerikanische Sache mehr und wird auch hier immer mehr zum Trend. In unserer Konsumgesellschaft legt man großen Wert auf den guten Geschmack und ist auch bereit etwas mehr dafür zu zahlen. Während Wein und andere Spirituosen schon lange in der High Class der Genussgüter angekommen sind, wir auch Bier immer salonfähiger. Natürlich hört der Name sich einfach mal wieder nach einem neuen Hipster-Trend an und eine gewisse Skepsis ist demnach verständlich – immerhin gibt es in Deutschland bereits sehr hochwertige Biere. Dennoch gibt es immer mehr Brauer die „ihr eigenes Ding machen“, experimentieren und mit viel Herzblut handgemachte Biere entwickeln, mit denen sie nicht nur einen Modebegriff bedienen sondern nachhaltig etwas in Deutschlands Bier-Kultur verändern.

BEER TASTING IM NAïV
Wie diese Veränderung schmeckt, haben wir am Mittwochabend im Naïv erleben dürfen. Das Naïv ist zu aller erst eine Frankfurter Location (Restaurant/Café/Bar), die bekannt für ihre grandiose Bierauswahl ist. Die Bar führt saisonabhängig ca. 90 Biere, vier davon sind sogar hausgemacht. Zur Location gehört zudem ein Store & Tasting Room in dem Craft Beer und feinster Gin gekauft und verkostet werden kann.

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Im Rahmen der nächstes Wochenende, genauer gesagt, vom 25. bis 27. September stattfindenden CRAFT, hat uns Bar-Chef Eddy zusammen mit anderen Bloggern zu einer kleinen Bierverkostung genau in diesen Tasting Room eingeladen. Die CRAFT will nach eigener Betitelung eine Messe bzw. Tastingevent für Craftbeer, Craftwine, Gin und Streetfood sein. Damit ihr und auch wir nicht ganz ohne Vorkenntnisse zu dieser Messe gehen, erfahren wir an diesem Abend viel über die Kunst des handcrafted Beers, über Biergläser und über das Zusammenspiel von gutem Essen und gutem Bier.

Wir testen sechs verschiedene Biere, deren Geruch und Geschmack, in vier verschiedenen Gläsern zu vier Gängen.
Aprospos Geruch: Eine Bierverkostung ist eine kleine Wissenschaft für sich. Zunächst ist das richtige Glas wichtig und wie viel Bier dort hinein geschenkt wird. In den vier verschiedenen Gläsern, die uns am Abend vorgestellt werden, kann sich das Bier gut entfalten. Wichtig ist hier, dass das Glas nicht komplett gefüllt wird, da sonst, so Eddy, „die Aromen einfach an die Atmosphäre verschwendet werden würden“. Diese im Glas enthaltenen Aromen erfassen wir zunächst mit der Nase, daraufhin wird probiert. Erstaunlicherweise widersprechen sich Geruch und Geschmack oftmals, bilden jedoch im Zusammenspiel eine perfekte Balance. Los geht’s!

1- Naïv – I ❤ Honeycraft zu Gazpacho
Das bernsteinfarbene Ale mit leichtem Schaum wurde zwar nach deutschem Reinheitsgebot gebraut, allerdings nach dem Brauprozess für drei Wochen mit Honig angereichert. Es hat mit 5,9% Vol. einen höheren Alkoholgehalt als übliche Industriebiere und ist, da es nicht pasteurisiert ist, nur drei Monate haltbar. Das Honeycraft ist aktuell eines der vier Biere, welches das Naïv nach eigenen Vorgaben von einer kleinen Brauerei in der Rhön herstellen lässt. Zu der feurigen Gazpacho schmeckt es beinahe süß, jedoch ganz zu unterscheiden von seinem Geruch.

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2 – Fire Rock Pale Ale der Kona Brewing Company aus Hawaii zu Flammkuchen
Ein Ale ist im Wesentlichen ein obergäriges Bier, bei dem das Malz gebleicht wird, damit es eine „vornehme“ gelbliche Farbe erhält. Das getestete Pale Ale mit einem Alkoholgehalt von 6% Vol. ist Reinheitskonform gebraut, gefiltert und pasteurisiert und ist somit klarer als das Erste. Uns sticht zunächst die aufwendig designte Flasche ins Auge.

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Die Kona Brewing Company hat ein vorzügliches Marketing-Konzept, das mit Biernamen wie z.B. „Big Wave Golden Ale“, „Castaway IPA“, „Longboard Island Lager“ oder eben „Fire Rock Pale Ale“ nicht nur ein Getränk sondern auch ein Lebensgefühl in das Glas einfließen lässt. Das Aroma ist toffeelastiger und, wie wir finden, milder als das erste Bier, wenn auch weniger süßlich im Geruch. Der dezente Tofeegeschmack harmoniert gut mit dem dazu gereichten Flammkuchen, sowohl mit Serrano-Schinken, Feige und süßem Balsamico als auch zu Zwiebel, Apfel und Ziegenkäse.

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3 – Pale Ale aus dem BrauKunstKeller zu Hähnchen in knuspriger Panade auf Kartoffel- Gurkensalat
Die Odenwälder Manufaktur „BrauKunstKeller“ lebt das Motto „Life is too short to drink bad beer“. und stellt durchschnittlich 7 verschiedene Sorten Bier her. Das von uns getestete Bier hat einen Alkoholgehalt von 5% Vol. und wirbt auf seiner Flasche mit den Worten „Geschmack: Citrus, Fruchtig, Easy, Fresh“ und der „Farbe: Helles Gold“. Die Geruchsprobe unterstreicht die Ankündigung auf dem Etikett sofort. Geschmacklich ist das Bier nicht ganz so fruchtig, harmoniert jedoch mit seinen feinen Citrusnoten sehr gut zu Geflügel und insbesondere zum frischen Kartoffel- Gurkensalat.

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4 – Drunken Sailor (Indian Pale Ale) von Crew Republic
Crew Republic ist eine deutsche Brauerei aus München und wird als Popstar unter den deutschen Craftbeerherstellern mit dem Motto „Craft Beer is not a Crime!“ gehandelt. Mit guten, handgemachten und innovativen Bieren sowie ein Top-Design machen sich die Münchner Jungs auch über die Grenzen einen Namen. Der in unserem Fall getestete „Drunken Sailor“ ist ein sehr hopfiges und ziemlich bitteres Indian Pale Ale (IPA). Von der Definition her Starkbiere, wurden diese Biere ursprünglich für englische Soldaten in Indien gebraut. Damit das Bier die Überfahrt unbeschadet übersteht, musste der Alkoholgehalt höher sein – hier sind es 6,4% Vol.

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5 – Mystique (Indian Pale Ale) von Kuehn Kunz Rosen
„Kuehne Biere braucht das Land.“ Gestalterisch liegen die Mainzer Kuehn Kunz Rosen ganz weit vorne. Ihr Flaschenlabeldesign sagt uns mehr als zu. Getestet wird das Mystique, ebenfalls ein IPA mit einem Alkoholgehalt von 7% Vol. – wir steigern uns. Präsentiert in einem speziellen Glas entfaltet sich der Geruch des Bieres sehr gut und erinnert an asiatische Litschis. Während die Süße beim Geschmackstest des nicht nach dem deutschen Reinheitsgebot gebrauten Bier noch kurz erhalten bleibt, entfaltet sich schnell eine interessante Würze. Durch das besondere Glas, welches im unteren Bereich geriffelt ist, wird das Bier bei jedem neuen Schluck neu aufgewirbelt und produziert so neuen Schaum. Dem Konsumenten wird auf diese Art und Weise ein immer frisches Bier präsentiert (das Auge trinkt mit!).

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6 – Roundhouse Kick Imperial Stout von Crew Republic zu warmem Schokokuchen mit flüssigem Kern
Chuck Norris trinkt kein Bier – das Bier trinkt Chuck Norris. Crew Republic’s Roundhouse Kick hat mit 9,2% Vol. Umdrehungen einiges an Power und Geschmack. Das Stout war ursprünglich ein „billiges“ Bier für Hafenarbeiter. Ölig und schwarz ist es auch nicht der Anblick, den man von Bier gewöhnt ist. Da das Bier jedoch vielen so gut geschmeckt hat, wurde es als „Imperial Stout“ verfeinert und fand so auch Eingang in bessere Gesellschaftskreise.Dieses Bier wird auch warm getrunken, was zunächst eigenartig erscheinen mag, aber zu dem warmen Schokoladenkuchen wunderbar passt. Mit einem sehr malzigen und würzigen Geschmack sowie sehr intensiven Geruch wird es zu unserem Favoriten des Abends (vielleicht auch dem Dessert geschuldet).

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SO MUCH TO DRINK SO LITTLE TIME

Wichtigste Nebensache der Welt für das allererste Craftbeer ist die richtige Einschätzung des Trinkenden. Trifft man hier nicht den Geschmack des Testers, kann das erste Bier auch schnell das letzte sein. Daher setzen die Brauereien neben der außergewöhnlichen und aufwendigen Gestaltung ihrer Etiketten vor allem auf Tastings und Erklärungen. Denn, das haben wir auch festgestellt, das „Industriebier“ schmeckt eben ganz anders. Es ist wahnsinnig interessant zu sehen, zu riechen und zu schmecken wie viel Bier eigentlich kann – vor allem wie viel mehr Bier kann im Vergleich zu dem, was wir von Bier bisher kannten.

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Um dies selbst zu erleben legen wir euch die CRAFT ans Herzen. Das Festival kostet 5 Euro Eintritt und lädt dann zur Verkostung von über 100 Bieren (je 0.1l 1€) von 20 Brauereien und über 20 Sorten Gin ein. Den ganzen Tag gibt es Live Musik und Samstag und Sonntag ab 22 Uhr eine Aftershow Party, bei der an einer zentralen Bierbar alle Biersorten und an einer G&T Bar auch alle Gin Sorten  mit Tonic getrunken werden können. Für Essen sorgen diverse Streetfood Stände und auch Weinliebhaber kommen bei insgesamt 4 Weinständen auf ihre Kosten. Zudem gibt es die Möglichkeit bei verschiedenen Tasting-Events tiefer in die Craftbeer Kultur einzusteigen.

Wir werden auf jeden Fall vorbei schauen nachdem wir den Blick in die Craftwelt gewagt haben. (LS)

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